Die fünf Pilger(innen) schreiben über die fünf Pilgerinnen. Nicht jede über jede aber so wie es gerade kommt. Fünf Leute fünf Meinungen, man kennt das ja. Jede von uns sieht die andere immer auch durch den persönlichen Filter.
Fijula
von Koshi

Fijula und die Extra-Kilos
Jede von uns hat eine Aufgabe, die ganz besonders gut zu ihr passt.
Fijula ist unsere Frau für die Öffentlichkeitsarbeit.
Sie hat keine Mühen gescheut und trägt tatsächlich, zu ihrem Gepäck, noch vier Extrakilo in ihrem 16kg schweren Rucksack.
Dafür haben die Pelerins erstklassige mediale Unterstützung.

Unsere Idee, den Blog einzurichten, setzt sie kurzer Hand um. Zum Teil berichtet sie sogar während des Laufens.
Jede Pause und jede Steckdose wird genutzt. Die Fotos sind von wunderbarer Qualität und so lassen wir uns sogar morgens von ihr fotografieren.
Chora
Chora und die Suche nach der Quelle des Lebens
von Fijula
Chora ist als Gastpilgerin zu uns gestoßen. Sie ist geblieben. Von da an waren wir zu fünft. Das hat den Vorteil, dass auch immer mal eine von uns alleine laufen kann ohne eine andere alleine zu lassen.
Wir werden oft gefragt, ob wir immer in der gleichen Formation laufen. Nein. Nie! Es ergeben sich unterschiedliche Lauf-Allianzen. Jede läuft mal vorne, mal hinten – man läuft zu zweit- oder zu dritt. Mal verteilen wir uns auf 1km und mal auf 1m² .
Chora ist eine weiteres Glied in unserer Kette. Chora berät uns in allen Lebenslagen. Da Chora sich auf dem Gebiet der spirituellen Energie auskennt, können wir auch dort immer wieder mal Einblicke gewinnen.
So hat sie mit uns in einem zugigen Zelt am Lac de la Liez eine Krafttier-Reise gemacht. Es war eine bereichernde und irgendwie auch surreale Erfahrung. Vielleicht wird Chora dazu selbst noch einen Beitrag verfassen.
Für mich ist Chora der gute Geist, als ich krank in Vivey auf der Couch liege. Nicht nur, dass sie mich auf der Fahrt von Auberive nach Vivey begleitet. Sie hat sich auch dort liebevoll gekümmert, mich mit mehreren Decken gegen die äußere und innere Kälte geschützt und mir mir einer Shiatsu-Anwendung durch die entsetzliche Übelkeit geholfen. Eine der außergewöhnlichsten Momente ist, als Chora mir von meinem Heiler erzählt und ich förmlich spüre, dass ich bald wieder topfit sein werde.
Obwohl Chora einen leichten Zugang zu spirituellen Heilkräften hat, ist sie viel geerdeter als ich. Ich vergesse und verliere Dinge, dann höre ich Chora: „Fijula, ist das deins?“ Chora passt auf, dass nichts zurückbleibt, in unseren jeweiligen Unterkünften.
Es kommt vor, dass keine von uns noch über einen einzigen Krümel Essbaren verfügt. Doch Chora zaubert immer noch etwas aus dem Rucksack. Hildegardkekse – nach einem Rezept von Hildegard von Bingen, die sind Choras Spezialität.
Wenn wir mit nassen Haaren aus dem Bad kommen, packt Chora ihren Föhn aus. Nachts schaltet Chora sich komplett aus, sie legt sich hin und ich schwöre – sie rührt sich nicht einmal für 8-10 Stunden. Keine Ahnung, wie sie das macht. So einen Aus-Schalter hätte ich auch gerne, besonders während der Nachtfahrten im Flixbus.
Die Koshi
Koshi und die Reise des Lippenstifts
von Fijula

Koshi ist eine Pilgerin der ersten Stunde. Wenn es das Pilgern nicht gäbe – Koshi hätte es erfunden. Es ist jedes Mal wieder schön, wenn wir kurz vor einem Aufbruch ins Pilgerleben stehen. Koshi ist dann wie ein Kind in der Vorweihnachtszeit. Aufgeregt und erwartungsvoll fiebert sie der Abreise entgegen.
Wenn wir uns in unserer Whatsapp-Gruppe über unsere Packliste austauschen, dann schließt Koshi diese Konversation meistens mit: „Ich freue mich.“
Man könnte sagen, Koshi ist eine leidenschaftliche Pilgerin – vielleicht weniger wenn wir bei 36 Grad im nicht vorhandenen Schatten die 30 km Marke knacken – aber ansonsten trotzt sie allen Widrigkeiten. Seitdem wir das Endspiel der Fussball-WM 2018 in Frankreich erlebten und die Franzosen nach dem Sieg in einen Partyrausch verfielen, trägt Koshi die Girlande in den französischen Landesfarben an ihrem Rucksack. Es ist sozusagen ihre Homage an das Land, durch das wir nun schon seit einiger Zeit laufen.

Wenn ich jetzt hier über die liebe Koshi schreibe, dann fallen mir zwei Dinge ein: Lippenstift und Kleid. Das Kleid und der Lippenstift sind für Koshi nach jedem super anstrengenden Pilgertag, der oft auch äußerlich Spuren hinterlässt und viel fordert, was für Harry Potter der Zauberstab. Egal wie fertig wir in unserer jeweiligen Unterkunft aufschlagen und schwören könnten nie wieder einen Schritt zu laufen, Koshi schleppt sich in die jeweilige Nasszelle und tanzt wie die Phoenix aus der Asche, gut gelaunt wieder heraus, im Kleid mit roten Lippen.
Nach langen Tagen auf der Strecke ist es erstaunlich mit wieviel Elan sich Koshi an einen weiteren Blogbeitrag macht. Ich erinnere mich noch gut an unsere Rückfahrt aus Dijon im Mai, als Koshi neben dem Dattelmann saß (Details dazu in Flixbusgeschichten), auf der Rückbank hinter mir.

„Psst…Fijula“ – im Bus schläft alles – ich drehe mich zu ihr um. „Kommst du an deinen Laptop?“ flüstert sie. Ich: “Ja, ich weiß aber nicht wie lange der Akku noch hält.“ Koshi: “Egal, ich schreib, so lange es geht.“ Das ist Koshi! Immer einsatzbereit, wenn es um die Blogbeiträge geht.
Außerdem schätze ich ihre Bereitschaft blind zu vertrauen, dass wir schon irgendwo ankommen, am Ende des Tages. Auch wenn sie unterwegs nie wirklich weiß, wo wir sind. Oft werden wir unterwegs gefragt, was unser Tagesziel ist. Koshi: „Wo laufen wir nochmal hin?“
Koshi pilgert mit Stil, egal wohin. Gerne mit leichtem Gepäck und pinkfarbenem Sonnenschirm. Wenn es nicht sein muss, bleibt der Rucksack in der Herberge, dann geht es auch mit dem Täschchen. Was braucht man denn schon groß auf dem Weg? Etwas Proviant, eine Wasserflasche und einen Lippenstift.