Wir lieben den Niederrhein! Das muss auch mal erwähnt werden. Wir lieben den Niederrhein, dort wo er am niedrigsten ist bis hin zur Kölner Bucht. Danach lieben wir Deutschland.
Die folgenden Geschichten handeln vom „Niederrheinpilgern“, wie wir es nennen.
von Oleander und Fijula
Nach einer Schlecht-Wetter-Periode, trauen wir uns auf den Weg von Goch nach Kevelaer. Heute werden wir unterstützt von Gastpilgerin Tine.
Startpunkt ist die katholische Pfarrkirche St.-Maria-Magdalena aus dem 13. Jahrhundert. Sie ist die Taufkirche des 2003 heilig gesprochenen Arnold Janssen. Erst in 2003 wurden die Aufbauarbeiten des Turms beendet, der 1993 einstürzte und die Kirche schwer beschädigte. Die Geschichte stößt bei den nicht ortskundigen Mitpilgern auf ungläubiges Kopfschütteln. Eine eingestürzte Kirche kann nicht jeder Ort vorweisen.

Der Regen der letzten Tage hat die Wege aufgeweicht und der Sturm hat uns einige Hindernisse in Form von entwurzelten Bäumen mitten auf den Weg gelegt. Dies macht uns geländetauglichen Pilgerinnen aber nichts aus, wir stellen uns dem Abenteuer. Es gilt über Baumstämme zu klettern oder darunter durch du krabbeln (hier bleibt nicht jede Hose sauber) und neue Wege auszumachen zwischen vom Regen angelegten Seenplatten.

Wir nehmen es mit Humor und betrachten unsere mit Schokoglasur überzogenen Wanderschuhe, die schwer an unseren Füßen hängen.
Es ist zudem auch kalt und so erfreut uns jeder Sonnenstrahl,

sowie die Multifunktionalität unseres Rucksackinhalts. In diesem Fall konnte z.B. Chora ihre Ersatzsocken perfekt als Handschuhe nutzen.
Die Route führt uns vorbei an der Niers bis zum Denkmal der Boxteler Bahn, ein Ort, der sowohl zum Pausieren als auch zum Geocachen einlädt und dazu noch Informatives preisgibt. Seit 1881 verlief hier die internationale Bahnpostlinie, die schnellste Ost-West-Verbindung zwischen London über Berlin nach St. Petersburg. 1963 wurde die Strecke stillgelegt, es erinnert nur noch dieses Denkmal daran. Der Niederrhein als Brücke zwischen den Metropolen der Welt, der Gedanke begeistert uns. Wir genießen die Stille.
Die Überquerung der Niers bei „Jan an de Fähr“ mit der selbst zu bedienenden Fähre treibt die Körpertemperatur und den Kreislauf in die Höhe. Zuerst steht ein Besuch der WC-Anlagen in der örtlichen Gastronomie an. Das geschieht dann “auf Socken”, denn wir wollen keine schokobraune Spur hinterlassen. Unsere Wanderschuhe dekorieren derweil den Eingang.
Vorbei an Kopfweiden und Herrenhäusern, über Brücken und unter Brücken, über Bäume und unter Bäume, erreichen wir als nächstes Ziel Weeze und freuen uns über die geöffnete Kirchentür der St. Cyriakus Kirche. Jetzt ist auch das heutige Etappenziel nicht mehr weit: Kevelaer. Ein bekannter Wallfahrtsort…der Kirchturm ist schon zum Greifen nah und trotzdem sind es noch 5 km.

Im Priesterhaus erhalten wir unseren Stempel der die Etappe besiegelt. Danach geht es in die Basilika. Wir zünden eine Kerze an und danken für diesen schönen Tag.

Fijula: Ich schaue in die Gesichter meiner Pelerins und sehe Freude und Glück. Das Ende einer Etappe, gerade wenn es eine schwere Etappe war, gibt uns das Gefühl alles schaffen zu können, auf dem Weg und im Leben.
Oleander: Meine Erinnerung wandert zurück in meine Kindheit, als ich einmal jährlich Pilgern musste! Die Laufstrecke war nicht weit, trotzdem stand dieses Muss dahinter, den Rosenkranz zu beten und vor Ort auch noch eine Messe zu besuchen. Eines halte ich allerdings in sehr positiver Erinnerung: Das Gefühl gemeinschaftlich anzukommen. Und so geht es mir auch beim Ankommen in Kevelaer. Wieder haben wir gemeinschaftlich ein Tagesziel (und das aus eigener Kraft zu Fuß) erreicht.

Wallfahrtsgeschichte: Als der einfache Handelsmann Hendrick Busmann auf seinem täglichen Weg von Weeze nach Geldern an einem Wegkreuz betete, hörte er die Stimme Marias: Hier sollst du mir ein Kapellchen bauen. Zweimal wiederholte sich diese Szene. Trotz seiner ärmlichen Verhältnisse, baute er dieses Heiligenhäuschen direkt an dem Wegekreuz. Seiner Frau Mechel Schrouse erschien eines nachts ein großes glänzendes Licht, indem sie das von ihrem Mann erbaute Heiligenhäuschen erkannte und darin das Bild der „Consolatrix Afflictorum“ von Luxemburg, die „Trösterin der Betrübten“. Genau dieses Bild hatte sie zuvor bei zwei Soldaten gesehen, die es ihr verkaufen wollten. Mechel machte sich auf den Weg, dieses Bild zu finden und kaufte es für das Heiligenhäuschen, wo es ausgestellt wurde. Damit begann die Wallfahrt nach Kevelaer und von Jahr zu Jahr kamen mehr Pilger in die kleine Stadt am Niederrhein. Übrigens sehr zum Leidwesen von Marienbaum, denn dort ging die Wallfahrt damit zurück und verlor zunehmend an Bedeutung.