von Fijula

Drei Regenponchos – Einmalponchos – habe ich im Rucksack. Das ist das Maximum an Regentagen, die ich einräumen will. Nach drei Wochen Camino sind sie noch unberührt. Das eine Mal, als wir in Pamplona in ein Gewitter geraten, sind sie samt Rucksack in der Unterkunft geblieben. Es ist Ruhetag, kein Pilgertag und zur Stadterkundung geht es mit leichtem Sommeroutfit. Dem Platzregen begegnen wir spontan mit schwarzen 100 Liter Müllbeuteln (siehe Potzblitz).

Trockenes, heißes Land.

Sonst laufen wir meistens durch trockenes und heißes Land. Die Bauern bewässern ihre Felder auf unterschiedlichste Art. Vor Obanos sehen wir solarbetriebene, ich möchte sagen „Duschen“. So sehen sie nämlich aus. Lange Stangen, die alle paar Meter aufragen und die Pflanzen vor ihnen duschen. Ich widerstehe der Versuchung, mich zwischen die Pflanzen zu stellen, obwohl die Temperaturen jenseits der 35 Grad liegen. Anderswo sehen wir Schläuche, die sich durch die Felder schlängeln. Es ist so eine Art Tropfbewässerung an den Wurzeln.

In den Gebirgsgegenden gibt es alle naselang Trinkwasserbrunnen, an denen wir unsere Wasserflaschen füllen. Je weiter wir uns von den Bergen entfernen, desto häufiger hören wir: „Füllt eure Wasserflaschen, es gibt auf den nächsten 10-15 Kilometern keine Gelegenheit mehr!“ In der Tat, die Brunnen, die wir sehen, tragen die Aufschrift: Kein Trinkwasser.

Die Bedeutung von Trinkwasser wird einem erst klar, wenn man keins hat. Das gilt in besonderem Maße für uns Westeuropäer. Wie viele Wasserhähne haben wir durchschnittlich im Haus, aus denen bei Bedarf 24/7 Trinkwasser läuft? Von der Toilettenspülung mal ganz abgesehen. Ich lese, dass man dieser Tage ernsthaft darüber nachdenkt, infolge der Trinkwasserknappheit auf der Erde Toilettenspülungen zukünftig auf Brauchwasser umzustellen. Welch eine Innovation!

In Spanien hat man andere Sorgen. Die diesjährige Hitzeperiode, für die mir kein Superlativ einfällt, hat dazu geführt, dass ein Teil der Avocadobäume gefällt wird, um den anderen Teil vorm Vertrocknen zu retten. Olivenbauern klagen über schrumpfende Erträge. Wir passieren vertrocknete Sonnenblumenfelder. Das sieht nicht nur traurig aus, sondern es führt auch dazu, dass Spanien das fehlende Sonnenblumenöl aus der Ukraine nicht ausgleichen kann, wie es mal gedacht war.

Ich sehe schon nach diesem letzten Satz, dass Einkaufswagen randvoll gefüllt mit Sonnenblumenölflaschen die Aldi-Filiale verlassen. Komme ich dann, werde ich nur noch leere Regale vorfinden und kann nicht mal auf Olivenöl ausweichen.

Hier im Norden Spaniens wird es ebenfalls eng für die Trauben. Die Weinbauern sind dazu übergegangen, die Trauben früher zu ernten, bevor sie nur noch Rosinen an den Weinstöcken finden.

Es erstaunt mich wenig, dass es in Spanien auch nicht anders läuft als bei uns: Man debattiert die Schuldfrage für die Misere und zeigt mal auf diesen, mal auf jenen Schuldigen, während das Land weiter austrocknet. In Mallorca bahnt sich eine andere Krise an: „Die Eiswürfel werden knapp“, titelt eine Tageszeitung. Wenn das Trinkwasser schon knapp wird, sollte doch wenigstens die Cola der Urlauber kalt sein.

Von einem Radpilger, der mit mir gemeinsam die schwarzen, verkohlten Spuren der Waldbrände betrachtet, erfahre ich, dass bis Oktober nicht mit Regen zu rechnen ist. Es gab Sommer in Deutschland, da hätten wir bei solch einer Aussage gejubelt. Selbst mir, als bekennender Hitzefan, ist es jedoch angesichts der Trockenheit unheimlich.

Eines Abends regnet es, als wir nach Stunden in sengender Hitze die nächste Stadt erreichen. Fasziniert beobachte ich, wie die kleinen Tropfen auf meiner Haut verdampfen. Es lohnt sich nicht einmal, den Regenponcho aus dem Rucksack zu ziehen, da ist es auch schon wieder vorbei.