von Fijula und Fleur

Wann soll es Frühstück geben?“, fragt Froggy um kurz nach halb acht. „7:30 Uhr“, antworte ich. „Ich war unten, da ist nichts“, entgegnet Froggy mit panischem Gesichtsausdurck. „Setz dich doch einfach unten hin und gucke hungrig“, schlage ich vor.
Chora kommt von unten und berichtet von Geräuschen in der Küche.
Kurze Zeit später sitzen wir alle beim ersten Kaffee. Alle Pelerins und Anne aus Memmingen. Es gibt getoastetes Baguette, Butter, Käse, Marmelade. Der Nachschub läuft etwas schleppend, denn die Wirtin Christina scheint noch nicht ganz wach zu sein. Dazu wirkt sie gestresst, weil sie spät dran ist.

Als wir auschecken, ist sie jedoch im Tag angekommen. Lächelt verhalten und macht sogar noch Fotos von uns vor dem Hotel.


Wir laufen aus dem Dorf, vorbei an einem Friedhof. Zwei laufen vorbei. Die anderen beiden laufen hinein. Die verwitterten alten Grabsteine, die schief hinter den Bäumen hervorschauen, geben dem Ort etwas Geheimnisvolles. Der hintere Teil des Friedhofs ist leer, die Gräber weg. Vielleicht haben sie hier das Sterben aufgegeben, rätseln wir.

Ein Rätsel ist uns auch der Einradfahrer, der den unebenen und robusten Camino-Fußweg entlang radelt, dazu bergauf. Zugegeben, er steht auch oft schnaufend neben seinem Rad, deshalb sehen wir uns öfter.

Auch uns Fußpilgern verlangt der Weg viel ab. Dicke Steine und Geröll, ausgewaschene Furchen und wackelige Trittstufen lassen keinen Laufrhythmus zu. Man stolpert so bergauf und bergab.
Wir müssen an Anne aus Memmingen denken, von der wir uns heute morgen verabschiedet haben, und hoffen, sie hat den Bus genommen.

Froh sind wir, als wir auf einer Lichtung an einer Straße eine Bude sehen. Hier bekommen wir Getränke und sogar einen Stempel. Froggy muss ihre Füße versorgen und wir lassen uns nieder. Am Nebentisch sitzt Sandra aus der Nähe von Dortmund. Wir erfahren, dass sie den Weg mit dem Rad macht, alleine. „Habe keinen gefunden, der mit wollte“, sagt sie lachend. Wem kann man das übel nehmen, auch wir können uns nicht vorstellen, die Berge mit dem Rad zu bezwingen. Da stolpern wir doch lieber weiter.

In Zubiri werfen wir unsere strapazierten Knochen in den erstbesten Schatten. Der ist direkt an der alten Brücke. Einfallsreich wie die Basken sind, nannten sie den Ort „Dorf an der Brücke“ – Zubiri. _
Diese gotische Brücke, Puente de la Rabia, hat es in sich. In ihrem Mittelpfeiler sollen Reliquien vergraben sein. Führt man das Vieh dreimal um diesen herum, soll es gegen Tollwut schützen. Wir überlegen kurz, Froggy um den Mittelpfeiler zu jagen, vielleicht hilft es auch gegen Fußleiden.

Camino Robusta

Es wird heiß und wir laufen über schattenlose und steinige Pfade. Der Weg wird robuster, die Steigungen gnadenloser. Unsere Gespräche verstummen. Jede ist mir Atmen beschäftigt, selbst das Denken wird eingestellt.
Froggy schleppt sich mit letzter Kraft zum Brunnen in Ezkirotz, dort gibt es einen schattenspendenden Unterstand mit Bänken. Wir versorgen sie mit Wasser. Als sie die Isomatte ausrollt, ist uns klar, dass das keine Yogaeinlage wird. Auch einem jungen Mann, der schon bei unserer Ankunft besorgt fragt, ob alles okay sei, ist das klar. Er bietet Froggy Baguette mit Käse und Salami an. Froggy lehnt zunächst ab, doch dann greift sie zu und so wird Carlo aus Bologna der Retter ihrer Lebensgeister.

Nicht nur Carlo aus Bologna hat ein Auge auf die erschöpfte Froggy, Sämtliche Dorfkatzen bewachen sie und ihr Salami Baguette.

Carlo verabschiedet sich und kurz darauf sausen drei Moutainbikes heran. Auf dem ersten ein Teenager, sichtlich außer Atem, auf dem zweiten ein Mittvierziger, der seine besten Tage auch schon gesehen hat. Sein Gesicht beängstigend rot, sein T-Shirt beängstigend eng um den aus der Form geratenen Corpus. Stolz verkündet er, dass Absteigen vom Rad keine Option sei. Der dritte, ein weiterer Teenager, lächelt gequält. Sie kommen aus London, da sind Berge auch sehr rar, da muss man sich schon mal durch die Pyrenäen prügeln.

Wir laufen weiter, Froggy ist halbwegs regeneriert und der Gedanke, dass das nächste Dorf nur noch 2 km bergab liegt, ist dabei eine Hilfe.

Unten angekommen, hat sich die von uns gewählte Unterkunft in Luft aufgelöst. Wir suchen weiter. Die Pension „El Peregrino“ hat keine Zimmer mehr und so landen wir in der Herberge „San Nicolas“. Unser Glück. Wir bekommen ein 6-Bett-Zimmer für uns allein und können zwei Bäder benutzen. Das Highlight ist jedoch das Essen. Seit einem halben Jahr lernen wir Spanisch und das erste, was Froggy konnte war: „Una sopa de verduras“ – und genau diese Gemüsesuppe bekommt sie heute. Dann gibt es noch einen Hauptgang und Nachtisch. Alles perfekt. Anschließend rollen wir noch eine Runde durchs Dorf. Um zehn schließt die Herberge und wir auch bald unsere Augen.