Wir lieben den Niederrhein! Das muss auch mal erwähnt werden. Wir lieben den Niederrhein, dort wo er am niedrigsten ist bis hin zur Kölner Bucht. Danach lieben wir Deutschland.

Die folgenden Geschichten handeln vom „Niederrheinpilgern“, wie wir es nennen.

von Froggy, Fijula und Koshi

Klirrende Kälte wird unseren heutigen Tag begleiten. Es ist Januar und die erste Etappe des Jahres beginnt an der „Kirche mit dem Gesicht“. Gemeint ist damit die Nikolaikirche in Kalkar. Hier endete vor vier Wochen unsere Etappe und im Dunkeln sah es aus, als würde der Kirchturm lächeln. Die heutige Etappe endet hoffentlich in Xanten auch mit einem Lächeln.

In der lächelnden Kirche zu Kalkar hoffen wir auf einen Pilgerstempel. Vor vier Wochen war der Küster krank und die Vertretung fand den Stempel nicht. Die heutige Etappe mit einem Stempel zu beginnen wäre motivationsfördernd und einfach genial.

Wir suchen den Seiteneingang in die Sakristei, denn wir wollen nicht wieder quer durch die gefüllte Kirche laufen. Es ist kurz vor Gottesdienstbeginn. In der Vorweihnachtszeit  erschienen die Pelerins vor  der versammelten Kirchengemeinde mit schweren Gepäck und verschmutzten Wanderstiefeln. So zogen sie am Altar vorbei zur Sakristei, nur um festzustellen, dass der Stempel nicht auffindbar war.

Jetzt suchen wir den unscheinbaren Seiteneingang. Hat sich schon mal jemand gefragt, was man auf dem Weg durch den engen Flur zur Sakristei an irdischen Gütern zu sehen bekommt?  Auffällig ist ein großer Vorrat Streusalz. Macht Sinn – bei diesen Temperaturen.

Zum Glück ist der Stempelmann da. Das Innere der Sakristei ist auch sehenswert, schweres Mobiliar, Schubladen, Dokumente, Bibelexemplare, Kerzen und Gewänder. Eine Mischung aus Büro und Devotionalienhandel.

„Gestärkt“ durch den frischen Stempel geht es los. Vorbei am gotischen Rathaus und an der Galerieturmwindmühle biegen wir hinter dem Ortskern ab und laufen durch die winterlich weiße Natur Richtung Appeldorn. Kopfweiden von Eis und Schnee überzogen, säumen den Weg.

In Appeldorn angekommen wird es für uns alle Zeit. Wir müssen mal. Aber wo finden wir eine Gelegenheit dazu? Wir machen ein „in die Jahre gekommenes“ Wirtshaus aus und betreten den Schankraum. An der Theke halten sich anscheinend die treuen Stammkunden auf, drehen sich interessiert nach uns um und rufen erfreut aus: „ Da ist ja Frischfleisch“. Etwas irritiert aber auch belustigt erkundigen wir uns nach dem „stillen Örtchen“ und erhalten die Information, dass wir um die Ecke, außerhalb des Gebäudes fündig werden. Dazu überreicht man uns feierlich den Schlüssel. Dieses „Örtchen“ hat Charme, denn es wurde mit liebevollen Handarbeiten ausgestattet.

Weiter geht es bis nach Marienbaum. Unser Ziel ist die Wallfahrtskirche „Maria Himmelfahrt“. In Gedanken an Menschen, die uns am Herzen liegen zünden wir eine Kerze an.  Die Entstehungsgeschichte von Marienbaum beschäftigt uns eine Weile. 1460 gründete Maria von Burgund ein Kloster für den Brigitten Orden, dem sie zugetan war. Noch heute blickt ihre Statue wohlwollend auf die Kirche, deren Sakristei einst der Kapitelsaal des Klosters war.

Sonst ist vom Brigittenkloster nichts übrig und wir machen uns wieder auf den Weg.  Wir kommen am alten Marienbaumer Bahnhof vorbei, der nunmehr als Ruine am toten Gleisbett liegt. Koshi fragt: „Was ist das für ein Gebäude?“ Fijula: „Der alte Bahnhof“ Koshi: “..sehr praktisch so an den Gleisen.“ Was war das? Ist das schon das Pilgerhigh oder ist Koshi auf Autopilot?

Mit der evangelischen Kirche in Mörmter erreichen wir das nächste Highlight unserer Etappe. Diese kleine verborgene Kirche fasziniert uns mit ihrem trutzigen, mystischen Charakter. Wir betrachten schweigend die weißen Mauern, die sich gegen den Himmel abzeichnen. Die Dämmerung lässt nicht mehr lange auf sich warten und wir legen einen Schritt zu. Kloster Mörmter ist schnell erreicht, ein Blick in die Kirche und auf die beeindruckende Krippe gönnen wir uns noch bevor es weiter geht.

Evangelische Kirche in Mörmter

Der Turm vom Xantener Dom liegt zu unserer Rechten. Froggi frohlockt, scheint das Ziel doch so nah. Leider folgt der Pilgerweg nicht der heutigen Straßenführung und wir müssen noch einen Umweg über Wardt in Kauf nehmen. Also heißt es weiter frieren, denn mit der Sonne verschwindet auch die Illusion von Wärme. Wir fragen uns, wie die Pilger vor der Erfindung der Multifunktionsfaser überleben konnten. Wolle und Felle kommen uns in den Sinn. Aus heutiger Sicht nicht optimal wegen Gewicht und Saugkraft.

Es ist bereits dunkel als wir in Xanten eintreffen. Der Dom leuchtet jetzt warm im Abendlicht und wir betreten erschöpft das Gotteshaus. Zu unserer Freude noch rechtzeitig um einen weiteren Stempel im Pilgerpaß zu erhalten.